Ladislav Kubeš Jun.
Verleger, Kapellmeister, Musiker

Okolo Žíšova


Arr. Ladislav Kubeš
Text Miloň Čepelka
 

Die Kubeš-Dynastie, die aus dem böhmischen Süden stammt, ist in der böhmischen Blasmusik sehr stark verankert. Den Lesern dieser Seiten will ich diesmal Ladislav Kubeš Jun.  vorstellen. Ladislav Kubeš  Senior widmete ich seinerzeit einen gesonderten Beitrag. Für eine abgerundete Übersicht der Wirkung  der Kubeš´s ist angebracht, kurz nicht nur auf den Vater von Ladislav, Ladislav Kubeš Sen.,  sondern auch auf den Großvater Matěj einzugehen, der - es ließe sich sagen - die Kubeš-Dynastie begründete.

Der Großvater war ein gewöhnlicher Arbeiter, der mit harter manueller Tätigkeit im Betonwerk den wirtschaftlichen Backgroud der Familie sicherte. Die Musik bedeutete für ihn eine große Befriedigung und bildete den Schwerpunkt seines Freizeitlebens. Er war ein ausgezeichneter Spieler, Organisator und Kapellmeister. Mit Begeisterung hatte er die Volksmusik unter den Leuten in der nahen und weiter entfernten Umgebung des südböhmischen Landes im Gebiet um Veselí nad Lužnicí  propagiert.

Die Großvaters Liebe zur Volksmusik ergriff restlos  auch den Sohn Ladislav, der sich mit ihr mit großer Begeisterung und einem besonderen persönlichen Engagement zeit seines Lebens widmete.  Nach einer gründlichen Ausbildung in militärischer Umgebung begann er, sich der Kompositionstätigkeit zu widmen.  In seiner Persönlichkeit trafen einander einige seltene Fähigkeiten sowie menschliche Eigenschaften, die sich in weiterer Folge in seinen Kompositionen widerspiegelten.  In der Südböhmischen Polka, die zu seinen Erstlingswerken gehörte und den Blasmusikfans nicht näher vorgestellt werden muss, kommt seine besondere Fähigkeit zum Tragen, in einer Noten-Kurzschrift die Harmonie der Region und ihrer arbeitsamen Bevölkerung festzuhalten. Die Südböhmische Polka, die kein "Cowboy-Lied" ist, wie mache vielleicht vermuten (und es auch entsprechend oft so spielen),  wurde von einer Reihe musikalischer Juwele gefolgt, die aus der Feder dieses tatkräftigen Autors stammen.

Ladislav Kubeš Jun. wurde am 8.8.1949 in Žíšov,  einem kleinen Vorort der Stadt Veselí nad Lužnicí  geboren. Sein Vater hatte ein großes Interesse daran, dass sich auch der Sohn mit der Musik beschäftigt und die musikalische Kontinuität des Hauses aufrecht erhält. Deshalb war Ladislav bereits als Kind zum Instrumentenspiel angehalten, ob es ihm gefiel oder nicht. Vermutlich auch aufgrund des Mangels an  atraktiven  Arbeits- und Ausbildungsmöglichkeiten vor Ort  war es für den Vater nicht allzu schwierig, den Sohn davon zu überzeugen, dass für ihn die  Militärmusik vermutlich das Beste sein dürfte.

Und so geschah es auch. Ladislav gelang es, in Roudnice nad Labem (nördlich von Prag) einen Platz zu bekommen, einer der renommiertesten Militärmusik-Akademien in der Tschechischen Republik, die Musikanten für das Militär vorbereitete. Nach einem vierjährigen Studium war Ladislav in der Lage, zwei  Instrumente , Tuba und Kontrabass, zu beherrschen.

Nach der Erlangung des Absolutoriums im Jahre 1968 wurde Ladislav dem Zentralorchester in Prag zugeordnet.  In Prag beendete er auch mit Erfolg sein Studium am Prager Konservatorium. Kurz danach gewann er den Konkurs ins Smetana-Theater.  Es schien, alle Tore in das reiche musikalische Leben der Hauptstadt  seien für ihn angelweit offen. Nur, die weitere Entwicklung nahm einen unerwarteten Lauf. Die Ausbildung in der Roudnice-Akademie war an einen Vertrag geknüpft, nach der Ausbildung sechs weitere Jahre beim Militärdienst zu bleiben. Manchen Roudnice-Absolventen gelang es, sich anschließend vom Dienst "freizukaufen" und damit den Vertrag vorzeitig zu beenden.  Ladislav hatte aber trotz Versuchen ein Pech, auf das "Freikaufen" wurde nicht eingegangen. Oben darauf wurde er zur Garnison in Tabor versetzt. Rosige Aussichten  in Prag schwindeten in der Ferne. In Tabor musste er auf seiner Tuba weitere Jahre den Soldaten beim Exerzieren spielen.

Der Vertrag lief endlich am 1.6.1977 aus. Ladislav verlässt die Militärmusik und sucht sein neues Wirkungsfeld. Anfänglich hält er sich "über dem Wasser" mit dem Spiel bei unterschiedlichen Blaskapellen und bei Begräbnissen  in Prag. (Bis zu dem Zeitpunkt ahnte er nicht, wie viel Friedhöfe es in Prag insgesamt gibt).  Im Jahre 1980 begegnet ihm endlich das große Glück. Er gewinnt den Konkurs ins Prager Nationaltheater, wo er bis zu heutigem Tag ein fixes Engagement hat und wie er andeutet, tauscht er noch dieses Jahr diesen Posten gegen den Ruhestand.

Die Blaskapelle Veselka gründete Ladislav kurz danach im Jahre 1981. An der Gründung beteiligten sich Kollegen vom Nationaltheater sowie alte Freunde aus der Roudnice-Akademie.  Bis auf Kollegen, die starben, erlebte die Blaskapelle so gut wie keine Fluktuation in der Besetzung, nur in Reihen der Sänger kam es zu Veränderungen.  Trotz aller Erfolge im Ausland oder gerader deswegen wurde die Blaskapelle vom kommunistischen Machtapparat immer mit Skepsis angesehen. Der Erfolg "zu Hause"  wurde gewürgt wo es nur ging. Die staatlichen Aufnahmestudios und vor allem Massenmedien ignorierten die Blaskapelle weitestgehend. Mit großer Mühe gelang es zu dieser Zeit eine Handvoll von Tonträgern aufzunehmen.

Ein großer Durchbruch ließ bis zum Jahr 1989 auf sich warten.  Ladislav Kubeš gründete im Jahre 1994 seinen eigenen Musikverlag. Von diesem Zeitpunkt an wurden Jahr für Jahr, insgesamt mehrere Dutzend Tonträger aufgenommen und eine beachtliche Menge vom guten Notenmaterial für Blaskapellen produziert.  "Ich weiß eigentlich nicht, wie viel", bemerkt Ladislav, "vielleicht, wenn ich einmal in der Pension bin, werde ich es abzählen."