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Ladislav Hrdlička in seinem Arbeitszimmer (im Hintergrund Antonín)

In einem eher kleineren, südlich von Brünn gelegenen unscheinbaren Städtchen lebt ziemlich unspektakulär ein Mann, der sich sein ganzes Leben mit der Musik befasst. Der folgende Beitrag ist dem in Rajhrad lebenden Komponisten Ladislav Hrdlička gewidmet.

Rajhrad ist kaum 3km von der frequentierten Hauptverbindung Wien - Brünn entfernt. Seit Jahresbeginn dachte ich bei Vorbeifahren immer wieder daran, diesem Musiker einen Besuch abzustatten, um ihn persönlich kennen zu lernen. Seit Jahresbeginn befand sich  Ladislav Hrdlička Interessanterweise auch im Visier des  Moderators der blasmusikalischen Sendungen beim Radio Proglas, Váckav Kovář, der ihm eine ganze Sendung widmete. Das erfuhr ich aber erst von Herrn Hrdlička.

Paar E-Mails reichten, um meinen Besuch zu fixieren. Im Ort ankommend, wurde ich, nach seinem Namen fragend, von den Einheimischen durch die aufgegrabene Straßenlandschaft  verlässlich bis zu seinem Zinshaus geführt.

Nach einem kurzen freundlichen Empfang vom Ehepaar Hrdlička  waren wir beim Kaffee ziemlich rasch dabei, über die Musik, die Blasmusik, Blaskapellen und in das musikalische Leben von Ladislav zu tauchen. Der anfängliche  formale Kommunikationsmodus wurde nach kurzer Zeit abgeschafft und durch einen persönlichen Zugang ersetzt. Gemütlichen Augenblicken mit Laco, wie er von allen Freunden stets genannt wird, stand daher nichts mehr im Wege. ... (čtěte dále ... viz Weiterlesen)

Laco ist ein bescheidener, freundlicher und umgänglicher Mensch. Er wirkt sehr frisch und konzentriert, sein wahres Alter zu erraten ist glatt unmöglich. Mir wurde ziemlich schnell klar, dass er nicht nur im blasmusikalischen Bereich tätig ist, sondern auch für den Unterhaltungsbereich generell ziemlich viel komponiert. Das war deutlich daran zu erkennen, dass er bei der Diskussion über seine derzeitige Beschäftigung spontan zu seiner Klarinette griff ... und es ging sofort los. Mit seinem guten Freund aus Židlochovice setzt er seine kompositorischen Einfälle in eine gemütlich klingende Unterhaltungsmusik um. Ich zögerte auch nicht, um einen kurzen Clip aufzunehmen.

Laco erblickte das Licht der Welt am 29. Juli 1933 in einem kleinen Ort Holubice östlich von Brünn am halben Weg nach Slavkov. Interessant sind fúr mich die Namen. Holubice bedeutet zu Deutsch "Taube" und Hrdlička "Turteltaube". Sein Vater war lebenslang als Tischler beschäftigt, zur Musik zeigte er, genauso wie seine Mutter keine Neigung. Es gibt aber immer Umstände oder Personen, die das Schicksal eines Jugendlichen maßgeblich beeinflussen. In Laco seinem Fall war das der Opa mütterlicherseits, Herr Černý, der zwar kein Instrument spielte, aber sich für Musik begeistern konnte. Es war seine Idee,  eine schwarze Geige zu kaufen (vermutlich von vorbeifahrenden Romas), mit der er Laco zur Musik motivieren wollte. Die Rechnung ging voll auf. Laco begann mit seinen 7 Jahren beim örtlichen Musiklehrer und Direktor der Volksschule Herrn Leopold Stypy Unterricht zu nehmen. Der Direktor war nicht nur ein ausgezeichneter Lehrer, sondern auch eine moralische Instanz im Ort. Er führte die Jugendlichen zur Kunst, und allem Schönen und Erhabenen. Laco wurde ständig von seinem Opa angespornt  und nahm den Unterricht ganz ernst. Nach dieser Grundausbildung wagte er sich in der Militärmusikschule in Praha-Karlín anzumelden und die Aufnahmeprüfung zu machen. Das Zittern nahm erst das Ende, als aus Praha der Brief vom kommandierenden und ausgezeichneten Militärmusiker Jan Uhlíř kam, dass er im Fach Geige und Klarinette aufgenommen wurde. Der Antrittstermin 1. September 1948.  Laco sagt noch heute: "Der entscheidende, unvergessliche Augenblick meines Lebens."

Es folgten vier Jahre harten Studiums mit strenger Disziplin in Militärumgebung. Das Militärorchester hatte während des Studiums mehr als 100 Mitglieder und wurde von Hynek Sluka dirigiert, für Laco unvergessliche Augenblicke, insbesondere wenn anspruchsvolle symphonische Werke gespielt wurden. Die Militärschule wurde aus irgendwelchen Überlegungen von Prag in die Slowakei verlegt, wo Laco das Studium mit einem sehr guten Erfolg abschloss. Danach  wurde er zum 31. Infanterie-Regiment  "Jan Sladký Kozina" nach Brünn verlegt, wo er im Orchester Geige und Klarinette spielte. Zwei Jahre darauf wurde die bekannte Brünner Garnisonmusik gegründet. Dieser Klangkörper wurde von erstklassigen Musikanten besetzt und geführt. Die öffentlichen Auftritte dieses Klangkörpers bereicherten massiv die Kulturszene Brünns und wurden von der Ortsbevölkerung auch ganz besonders geschätzt. Hier arbeitete Laco mit einer Reihe hervorragender Kapellmeister zusammen, Robert Šalek, Karel Pitra, zuletzt mit Jaroslav Kubáček. (Karel Pitra pflegte einen engen Kontakt zum Komponisten Miloš Machek, dem Chef von Orchester Studio Brno. Es sei erwähnt, dass Miloš Machek ein besonderes Nahverhältnis zu Amateur-Blaskapellen pflegte und die unterstützte. Es war z.B. sein Verdienst, dass BK Šohajka das Goldene Flügelhorn 1999 davon trug. Über ihn wurde mittelbar auch eine Querverbindung zwischen den Blaskapellen und der Militärmusik Brünn gepflegt).

Im Jahre 1985 kommt es für Ladislav Hrdlička zu einem unerwarteten Bruch in seinem Leben, den er schwer trägt. Aus gesundheitlichen Gründen scheidet Laco nach 34 Jahren seiner erfolgreichen Berufslaufbahn als Musiker vom Militär aus. Es gilt für ihn, sich im Leben neu zu orientieren. Die musikalische Tätigkeit, der er bisher sein ganzes Wesen und Leben schenkte, bleibt als unverrückbarer Pfeiler. Es verschlägt ihn auf die Laufbahn eines Pädagogen. Ab dem Jahr 1986 widmet er sich ganze 14 Jahre lang dem Musik-Unterricht in der Musikschule Židlochovice, Expositur Rajhrad.

Ladislav Hrdlička als professioneller Musiker betätigte sich in vielfältiger Weise als Förderer und Unterstützer im Bereich der Amateurkapellen. Seit 1979 war er als musikalischer Leiter bei Legrůti in Velké Bílovice  tätig. Dort wurden durch sein intensives Tun und Wirken die örtlichen musikalischen Aktivitäten auf eine neue solide Basis gebracht. Dazu der ehemalige Kplm. Ing. Pavel Zemánek, ein Allrounder, Klarinettist, Komponist, Arrangeur in einem Dankesbrief an Laco zu seinen "70 Lebensrosen" im Namen aller Musikanten aus Velké Bílovice: "Dass wir heute in Velké Bílovice eine Musikschule haben,  die Blaskapelle Bílovčanka, die neuen Legrüti (im Legrütenalter) und die Jugendblaskapelle, das ist Laco auch dein Verdienst." So könnte man mit einem Dutzent weiterer Blaskapellen fortsetzen,  vor allem mit Dopravanka , Kovoliťanka, Lacáranka, Ladňanka, Palavanka, Rosičanka, und anderen.

Eine weitere fruchtbare Zusammenarbeit sei an dieser Stelle erwähnt, die auch die heutigen Neigungen von Laco leicht erklären lässt. Es war die Begegnung mit dem Tanzorchester JMC Židlochovice, vor allem mit dem künstlerischen Leiter dieser Formation František Křenek, einem Fanatiker-Musikanten. Aus einer am Anfang zufällig zustande gekommenen Ersatzspielerei ergab sich eine dicke, langjährige Freundschaft mit Křenek, und eine für Laco erstaunlich musikalisch produktive Zeit. Wir befinden uns u.a. in einem Zeitraum des kometenhaften Aufstieges von Moravanka und der Omnipräsenz von Slabak-Interpretationen. Laco spielte im Orchester und arrangierte für dieses Tanzorchester buchstäblich alles, was in der Zeit zu hören war, Volkslieder, ausländische, inländische Schlager. In diese Zeit können wir auch den Beginn seiner Kompositionstätigkeit setzen. (Hier eine interessante Parallele: auch Václav Maňas erlerne gründlich das Handwerk eines Arrangeurs, eher es dann bei ihm mit der Kompositionstätigkeit  richtig losging.)

Den meisten Blasmusikfans ist Ladislav Hrdlička aber vor allem durch seine Kompositionen im blasmusikalischen Bereich bekannt. Zu seinen Kompositionen schrieb er zum Teil den Text selbst, er arbeitete aber auch eng mit den Textern Stanislav Pěnčík, Vladimír Salčák, Jaroslav Zbořil u.a.  zusammen Er  führt in seinem letzten Verzeichnis, das er mir zukommen ließ (s. Seite1, Seite2, Seite3, Seite4, Seite5), 172 eigene Kompositionen an. Diese liegen in einem Spektrum zwischen der klassischen Blasmusik bis hin zur Unterhaltungsmusik bzw. Musik für besondere Anlässe. Laco besitzt in seinem Archiv mehr als 600 eigene Arrangements. Ein Querschnitt seiner Lieder lässt sich auf seinen zwei Profil-CDs finden, deren Realisierung der ehemalige Direktor der Hauptschule Tomáše Garyka Masaryka in Rajhrad und sein guter Freund Petr Žižka, tatkräftig unterstützte.

Ladislav Hrdlička schätzt sich glücklich, im Laufe seines Lebens Persönlichkeiten kennengelernt zu haben, zu denen er unter anderem Jan Slabák, František Maňas, Slávek Smišovský, Ladislav Kozderka,  Miloš Machek zählt.

Anfang des Jahres 1996 gründete Ladislav Hrdlička den Music Senior Club. Mitglieder dieses Clubs sind Personen, die ihr ganzes Leben der Beschäftigung mit Musik gewidmet haben. Dem Club gehörte auch Václav Trojan an, der im Jahre 2002 starb. Laco kümmert sich um die Clubagenden, konzipiert Kulturprogramme, schreibt die Club-Chronik mit Fotodokumentation.

Im Manuskript "Aus meinem Musikantenleben", das mir Laco widmete, kann ich nachlesen:
"Ich blicke zurück auf mein musikalisches Leben und ziehe Bilanz. Es drängt sich die Frage auf, wer für das alles, was ich erlebte, den hohen Tribut bezahlte. Antworten muss ich eindeutig. Den Tribut bezahlte meine Ehefrau, die alle Familiensorgen übernehmen musste, für die ich keine Zeit hatte. Meiner Ehefrau gebührt daher ein Riesendank für 35 Jahre des gemeinsamen Lebens, ausgefühlt mit Liebe und großer Unterstützung für meine musikalischen Tätigkeiten."

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