Skladatel Antonín Votava / Komponist Antonín Votava

Antonín Votava hatte uns eine Reihe schöner Melodien hinterlassen. Er war nicht nur ein Komponist, sondern auch ein engagierter Dirigent.  Antonín  Votava hätte im Jänner seinen Geburtstag gefeiert, wenn er in den Musikantenhimmel nicht berufen worden wäre. Für mich ist es ein hinreichender Anlass dazu, diesem verdienstvollen Musiker einen Erinnerungsbeitrag für sein Engagement im Bereich der böhmischen Blasmusik zu widmen.

Antonín Votava wurde am 9. Jänner 1926 in eine arme Arbeiterfamilie im westlich gelegenen, an die Stadt Kladno angrenzenden Viertel Rozdělov geboren. Die Familie wurde infolge der schweren wirtschaftlichen Situation auf ein Zusammenleben mit älterer Generation in trostlosen Wohnverhältnissen verwiesen.  Das Leben in Kladno war sehr stark durch den Tagesabbau von Braunkohle gekennzeichnet. Diese Sorte von Braunkohle eignete sich gut zur Erzeugung von Koks. Dieser Umstand führte gesetzmäßig dazu, dass sich in dieser Region von Kladno auch Schwerindustrie konzentrierte. Es war insbesondere die Erzeugung von Roheisen, für die ist Koks mit seiner hohen energetischen Heizkraft unabdingbar. Die sich dort ergebenden Arbeitsgelegenheiten brachten einen rasanten Bevölkerungsanstieg mit sich, es entstanden Wohhballungszentren, die aus allen denkbaren Orten kamen und vor allem im Braunkohleabbau und Eisenhütten ihr tägliches Brot verdienen konnten. Eine ökologische Devastation mit vielen Gesichtern, die diese Entwicklung begleitete, hinterließ tiefe Spuren im ökologischen Umfeld und der Lebensqualität. Manche Folgen dieser schicksalhaften Entwicklung sind auch in der Gegenwart noch sichtbar. In einem solchen sozialen, ökonomischen und ökologischen Umfeld wuchs Antonín als Kind auf.

Chronische Armut, die sich flächendeckend bei der arbeitenden Bevölkerung zeigte, war natürlich auch in der Familie des kleinen Antonín buchstäblich greifbar. Es belegt eine kleine, scheinbar unwichtige kleine Episode aus der Weihnachtszeit, die von Antoníns Enkel Jakub Zeman festgehalten wurde, die ihm vom "Opa" erzählt wurde. Sie verrät viel von bestehenden Lebensverhältnissen, die das heranwachsende Kind für sein ganzes Leben prägen. "Während von Jahren hintereinander bekam ich zum Christkindl immer wieder das gleiche, aus Holz geschnitzte Pferdchen. Ende November verschwand das Pferdchen aus meiner Umgebung und am heiligen Abend, mit einer anderen Farbe bemalt, fand ich es unterm Christbaum wieder."

Als Bub besuchte Antonín Violine-Unterricht, da ihn aber die Geige nicht sonderlich interessierte, schwänzte er oft den Unterricht, wie er dem Enkel Jakub zugab. In der Arbeiterregion von Kladno gab es zu jener Zeit zahlreiche Blaskapellen und diese den jungen Buben magisch anzogen. Schon im Alter von 5 Jahren ging er mit einer kleinen Blechtrommel hinter ihnen her und trommelte zum gespielten Marsch.

Im heranwachsenden Jugendalter hatte Antonín zwar die Absicht, sich dem Musikstudium zuzuwenden, aber Lebensumstände ließen es nicht zu. Während des 2. Weltkrieges arbeitete er in der Eisenhütte und vom Studium konnte nur träumen. Diesbezügliche Situation hatte sich aber nach dem Ende des 2. WK schlagartig zum Besseren gewandt. Zum Jahresende 1945 legte Antonín eine erforderliche Aufnahmeprüfungen in Prag ab, die ihm in weiterer Folge gestatteten, sich der Musik professionell zu widmen.
Das Jahr 1948 war für Antonín Votava das Umbruchjahr. Seinen Präsenzdienst absolvierte er bei der Burgwache in Prag. Sein Kapellmeister war Mjr. Rudolf Urbanec und Dirigent Jan Fadrhonc. Während seiner Dienstzeit gewann er wertvolle Musikerfahrungen und wie sich zeigte, auch persönliche, lebenslange Freundschaft mit Urbanec. Zu dieser Zeit, im militärischen Dienst, immatrikulierte er zugleich am Prager Konservatorium, das Studium unterbrach er jedoch und trachtete danach, sich musikalische Kenntnisse durch Privatstunden bei Prof.Špaček (Schlagwerk), Prof. Vojtecká (Klavier) und  Prof. Hůla (Harmonie) anzueignen.

Im Jahre 1950 kandidierte es an den Posten des Schlagzeugers beim Symphonischen Orchester FOK in Prag, absolvierte er den Konkurs und wurde aufgenommen. In diesem Orchester wirkte er ohne Unterbrechung beachtenswerte 37 Jahre hindurch bis zum Abgang in seine Pension.

Hier eine kurze Episode wie die Komposition "Svítá, svítá", die von Mosch "Deine Augen sie sagen ja" benannt wurde, entstand: Die Episode wurde mir von Jakub Zeman, dem Enkel von Antonín Votava, zugespielt, die ihm "Opa" persönlich erzählte. Antonín Votava und der bekannte Texter Bohuslav Nádvorník waren "dicke" Freunde. Einmal haben die beiden die ganze Nacht in einem Prager Nachtklub gemeinsam verbracht. In den Morgenstunden, als die beiden dabei waren, die Lokalität zu verlassen, sagte Votava: "Siehe Slávek, es dämmert bereits ...".  Nádvorník sah darin sofort eine Inspiration und sagte: "Antonín, das ist eine ausgezeichnete Idee für einen Text.". Innerhalb einer Woche war der Text fertig. Votava schieb sogleich dazu die Musik und das Stück "Svítá, svítá" (Es dämmert, es dämmert) war geboren. Die Zusammenarbeit mit Mosch trug gleich Früchte. Mosch-Musikverlag in Deutschland brachte das Stück unter dem Titel "Deine Augen sie sagen ja" heraus. Die Interpretation von Mosch und seinem Team ist auf dem folgenden Video festgehalten.


Am Heimatboden, also in Kladno, spielte Antonín Votava in jungen Jahren im dort beheimateten Orchester "Silvians". Das Orchester hatte sehr guten Ruf und war unter den Einheimischen sehr beliebt. Votava spielte selbstredend auch in einer Reihe anderer Formationen *wie etwa mit Jaroslav Malina) und nicht allzu selten in renommierten Prager Nachtlokalen und Cafe-Establishments.

Antonín Votava war ein musikalisches Multitalent. Einerseits war er ein Musiker, der nur eine "gute" und "schlechte" Musik kannte. Ihn beschäftigte symphonische Musik, Jazz, und was für uns vor allem wichtig ist, ab dem Jahr 1965 mit Blasmusik, auf die er sich dann konzentrierte. In diesem Jahr gründete er seine eigene Formation, "Blasorchester von Antonín Votava. Diese Blaskapelle setzt sich aus Musikanten Kollegen zusammen, mit denen er davor in anderen Orchestern bereits gespielt hat. Schritt für Schritt folgten dann Auftritte im Rundfunk und Fernsehen, Grammophon-Aufzeichnungen, eine Zusammenarbeit mit ausländischen musikalischen Entitäten. Der Pragerfrühling von 1968 (ein Jahr später flüchtete ich nach Österreich) und folgende grundlegende Änderung des politischen Klima führten zur zwangsweisen Unterbrechung sowie Beendigung angelaufener Zusammenarbeit mit den westlichen Partnern.

Antonín Votava unterhielt enge Beziehung zu Textern, zu denen vor allem gehörten: Svatopluk Radešínský, Bohuslav Nádvorník, Miloš Bárta, Zbyněk Vavřín, Ladislav Jacura. Wie es dem so ist, hat jede Komposition ihre Geburtsgeschichte. Es ist nicht uninteressant, gelegentlich zu erwähnen, unter welchem Stern die eine oder anderer Komposition das Licht der Welt erblickte (siehe Beispiel oben).

Antonín Votava verließ uns am 27. Mai 2009. Der Ort seiner letzten Ruhestätte befindet sich in seinem Geburtsort, am Friedhof Kladno 4 - Rozdělov.

Dankbar verbleiben wir für sein Vermächtnis der böhmischen Blasmusik.

Nejhezčí koutek / die schönste Ecke (allgemein als "Löfelpolka" bekannt)
  Musik Antonín Borovička, Originaltext  Vilda Sýkora
  Gesang Josef Zíma, Svatava Černá
  es spielt Blasmusik von Antonín Votava