Skladatel Rudolf Nováček a jeho pochod Castaldo / Komponist Rudolf Nováček und sein Castaldo-Marsch

Manche Kompositionen sind so „populär“ geworden, dass das Publikum sie nicht einmal mehr bewusst mit dem Komponisten identifiziert. Dies sollte nicht der Fall sein. Viele Fans böhmischer Blasmusik werden mir sicherlich zustimmen: Der Castaldo-Marsch ist einer der gelungensten. Aus diesem Grund schenke ich ihm hier die Aufmerksamkeit, die es verdient.

Rudolf Nováček stammte aus einer Musikerfamilie. Er wurde am 7. April 1860 in Biela Crkva, Serbien geboren.

Sein Vater, Martin Josef Nováček, ein Musiker, Dirigent und Lehrer, wurde am 10. November 1834 in Horažďovice bei Pilsen geboren, war jedoch ein Weltreisender. Mit 18 Jahren wurde er Organist und Chorleiter an der Kirche von Biela Crkva in Serbien, die nicht irgendwo „ein Stückchen hinter Pilsen“ liegt, sondern ziemlich weit weg, mehrere Dutzend Kilometer östlich von Belgrad, Serbien, in Richtung Rumänien.

Er ließ sich dort nieder und wurde Vater von vier Söhnen (Rudolf, Ottokar, Karel und Victor) und zwei Töchtern. Außerdem gründete er eine private Musikschule, wo er sich um die musikalische Ausbildung von Kindern kümmerte und natürlich auch seine Söhne an die Musik heranführte.

Im Jahr 1871 wechselte Martin Nováček seinen Arbeitsort und zog nach Temeswar, Rumänien. 1877 gründete er mit seinen beiden ältesten Söhnen ein Streichquartett, mit dem er Reisen unternahm, Ungarn und Böhmen besuchte und sogar Dresden erreichte. Alle seine Söhne waren in der damaligen Musikwelt sehr bekannt.

„Und wir sind nun bei seinem Sohn Rudolf gelandet.“

Er war Musiklehrer in Timisoara. Rudolf war ein begabter Geiger. Er absolvierte das Gymnasium in Timişoara und setzte sein Studium am Wiener Konservatorium bei Prof. Josef Hellmesberger Jr. fort. in den Jahren 1874–1876. Nach seinem Abschluss schloss er sich der Musik des 11. Infanterieregiments an, wo er bald Solist und schließlich Kapellmeister wurde. Anschließend war er Mitglied der Musikkapelle des 74. Infanterieregiments, die in Innsbruck und später in Hradec Králové stationiert war. Im Jahr 1884 war er Kapellmeister des 28. Regiments in Prag. Zu dieser Zeit war er Mitglied der Künstlerdiskussion und verkehrte u.a.mit angesehenen Persönlichkeiten wie Antonín Dvořák, Zdeněk Fibich und Karel Bendl.

1890 wurde er Kapellmeister des 1. Kavallerieregiments in Sofia. Von 1891 bis 1895 war er Kapellmeister der rumänischen Königlichen Garde in Bukarest. Nach 1895 arbeitete er als Dirigent und Musiklehrer in verschiedenen Städten in Russland, Belgien, Holland und Deutschland. Ab 1905 unterrichtete er wieder Musik in Temeswar und war nach dem Tod seines Vaters auch Direktor der dortigen Musikschule.

Nach der Gründung der Tschechoslowakei wurde er vorübergehend Direktor der im Aufbau befindlichen Militärmusikschule (1921). Weil sich die Vorbereitungen jedoch hinzogen oder er, wie manche meinen, das erwartete Tschechisch nicht beherrschte, kehrte er anschließend nach Temeswar zurück. (In Sprachen war Nováček nicht gerade talentiert.)

Rudolf Nováček hat im Laufe seines Schaffens ein beachtliches Spektrum an unterschiedlichen Autorenwerken geschaffen, von denen viele in Vergessenheit geraten sind, einige Werke sind verschwunden und durch einen unglücklichen Zufall auch selbst seine Autobiografie, verursacht ja durch die Schlampigkeit seiner Hinterbliebenen, die offensichtklich keine Ahnung hatten, was sie erben.

Meine bescheidene Absicht hier im Rahmen beschränkter Möglichkeiten ist es, den Komponisten Rudolf Nováček im Zusammenhang mit seiner vielleicht berühmtesten und erfolgreichsten Komposition „Castaldo-Marsch“ vorzustellen. Dieser Marsch war dem Kommandeur des Infanterie-Regiments 28, Feldmarschall Ludwig Castaldo (1839–1910), gewidmet, der das Regiment von 1890 bis 1894 kommandierte.

Rudolf Nováček unterzog sich in Prag im Jahre 1929  einer unvermeidlichen Operation. Leider überlebte er die Folgen der Operation nicht mehr.

Rudolf Nováček starb am 11. August 1929 in Prag. Er wurde von Prag, einer Stadt, die er  letztlich zu seinem Lebensmittelpunkt machen gedachte und im entstehenden neuen Militärwesen entscheidend mitzuhelfen beabsichtigte, wieder nach Timișoara zurück gebracht. Dort wurde er, wie sein Vater davor, auf dem Zentralfriedhof beigesetzt, fernab des geliebten Landes.

Nachsatz: Biografische Informationen über Rudolf Nováček wurden auch fast 100 Jahre nach seinem Ableben von den Musikhistorikern weder aufgearbeitet noch gewürdigt. Er war ein Mann mit außergewöhnlichen Fähigkeiten. Jeder Besuch in Prag endete trotz seiner großen Hoffnungen und Erwartungen mit einer Katastrophe. Letzterer Besuch sogar tödlich. Das Schicksal beschied ihm in vielerlei Hinsicht, ähnliches wie auch Juli Fučík.

Meinen leider begrenzten Recherchen zufolge könnte aber die Biographie dieses großen Musikers problemlos ein 500-seitiges Buch umfassen, wobei zwei Drittel davon kaiserlichen und königlichen (k.u.k.) Angelegenheiten und der relativ komplexen Transformation des neu entstehenden tschechischen Militärs nach dem Ersten Weltkrieg gewidmet werden könnten.