Impressionen vom unvergesslichen Marathon-Wochenende in Aspang/Niederösterreich
Fotos 2006Mit dem diesjährigen Böhmischen Kirtag wurde im europäischen Raum meinem Empfinden nach eine neue Dimension erreicht. Es war für mich, wenn ich mir vorherige, erlebte Böhmische Kirtage vor Augen führe und auch durchaus an vergleichbare große Festivals woanders denke, in mehrfacher Hinsicht ein Megaevent. Es war ein besonderes Ereignis hinsichtlich der Anzahl der Teilnehmer, ihres kultivierten Verhaltens, der Präsentationsvielfalt der teilnehmenden Blaskapellen, der Qualität ihrer Darbietungen. Es war aber auch ein signifikantes Event bezüglich des reibungslosen Ablaufes, perfekt funktionierender Logistik inklusive einer problemlosen Verpflegung. Nicht zuletzt fiel auch das Wetter recht passabel aus mit einem nicht allzu aufregenden Regenschauer am Sonntag, was im Festzelt allerdings an manchen Stellen einigen Bodenmist verursachte.
Das war der Freitag ...
Um keine Parkplatzschwierigkeiten zu erleben, entschloss ich mich, mindestens eine Stunde vor der Veranstaltung am Ort der Begegnung einzutreffen. Mein "alter" Parkplatz war aber schon belegt, ein erster Hinweis für mich, dass dieses Mal offensichtlich mit mehr Teilnehmern zu rechnen sein dürfte. Aus dem Festzelt wurde man aus der Ferne mit flotten Stücken aus Hans neuester CD - "Mit neuem Schwung" - begrüßt. Im Veranstaltungszelt mit einem Fassungsvermögen für etwa über 2000 Teilnehmer herrschte ein reges Hin und Her. Beim Eintritt zu meiner Rechten ein für mich schon gewohntes Bild - einige Mitglieder der Makos Partie an der Weinbar, in ausgelassener Laune und offensichtlich bestrebt, ihre Blutkonsistenz mit erlesenen Weinen auf den wünschenswerten Wert zu adjustieren. Das Zelt begann sich mit abnehmender Zeit vom Begrüßungsauftritt des Gastgebers, der Blaskapelle Makos, zunehmend zu füllen.25. | jähriges | Jubiläum | der | Blaskapelle | MAKOS |
Um 19.30 war es so weit, das Zelt war fast voll, die Tontechnik in "place and ready" mit Alois Schuh an den Hebeln, des Anlasses wegen nicht spielend. Makos-Crew war in einer ausgezeichneten Stimmung, spielte sehr konzentriert mit lockerem Sound, hörbar ausgeruht und sehr gut vorbereitet. Hans schaffte es durch seine langjährige Tätigkeit als Moderator und Allrounder spielend, den Veranstaltungsrahmen zu setzen, die anwesenden Gäste, manche auch im Einzelnen zu begrüßen, beim Spiel voll dabei zu sein und sich in den Pausen zwischen den Stücken mit Hundert anderen Sachen zu befassen, eben ein Allrounder. Hans nutzte die Gelegenheit, sich bei einigen alten treuen Begleitern, die nicht mehr zu den aktiven Mitliedern zählen, sich mit Kuss und Blumen bzw. einem Handschlag nochmals zu bedanken. Jede teilnehmende Blasformation bekam, das sei hier gleich vorweggenommen, von Hans eine Plakette "Zur Erinnerung - 25. Jahre Blaskapelle MAKOS" als Erinnerung an diesen denkwürdigen Jubiläumskirtag. Die Stimmung in dem inzwischen voll besetzten Festzelt war auf ein Niveau angehoben worden, wo ich mir Gedanken machte, wie es eigentlich durch den Auftritt folgender Formationen weiter gesteigert werden kann. Unnötige Sorgen, wie sich dann im weiteren Verlauf der Veranstaltung auch in den kommenden Tagen herausstellte. Eine Steigerung war, wie man erleben konnte, fast immer möglich :-)
Das | Publikum | in | guter | Laune |
Während einige Makos-Mitglieder das Publikum mit gefühlvoll vorgetragenen Soli im Bann hielten, trudelten einige mir sehr vertrauten, lieben Leute ein: die Blaskapelle Mistříňanka kam aus Hodonín so eben an. Ich komme mit ihnen zwar sehr oft zusammen, willkommen sind sie mir aber alle jedes Mal mit ihrem weichen Herz. Mistříňanka ist mit ihrem echten mährischen Charakter ein unverrückbarer Felsenblock in der Blasmusik meiner Heimat und das durchgehend sagenhafte 35 Jahre. Ich habe keine Ahnung, was sich bei dem geplanten Mistříňanka Jubiläumsfest zum 40. jährigen Bestehen alles abspielt. Hans Makos, um es vorwegzunehmen, kann sich einer Einladung sicher sein. Was Antonin Pavluš sagt, das hält er auch.
Die | Top- | Blaskapelle | aus dem | blasmusikalischen | Kernland: | Mistříňanka |
Das war der Sammstag ...
Blech & Co. - gepflegte Blasformation mit großem Herz für die böhmisch-mährische Blasmusik |
Die Makos-Crew, die nach einer kurzen Podiumspause zum zweiten Mal die Zügel voll in die Hand nahm, brachte mit ihrem mit Soli gefüllten Programm eine weitere Stimmungssteigerung unter den Fans. Das Zelt war an diesem Abend, man kann es vorsichtshalber nur vermuten, ehmmm, spürbar über seine Kapazität gefüllt. Aber, wie gesagt, niemand weiß etwas Genaueres :-) Ich enthalte mich absichtlich der Nennung von Solospielern bei allen auftretenden Kapellen, denn ich weiß wie peinlich es ist, den einen oder den anderen aus Versehen nicht zu erwähnen. Außerdem würde eine detaillierte Darstellung meinen dafür vorgesehenen, verfügbaren Zeitrahmen eindeutig sprengen.
Einige Mitglieder des bekannten Gloria-"Gang" |
Wie zu erwarten war, traf inzwischen Blaskapelle Gloria aus Kijov ein, die zweite Blasformation aus Mähren. Gloria, die sowohl im instrumentalen wie auch im vokalen Bereich die qualitative Latte einige Jahre hochhält, hatte diesmal keine leichte Aufgabe, ihre "Auftrittsstrategie" zu wählen. Die Stimmung im Festzelt war sehr angeheizt. Mit einer qualitativ hochwertigen Darbietung erfreut man einen Teil des Publikums, mit einem "populistischen" Zugang gewinnt man den anderen Teil. Es ist daher in einer solchen Situation ein Kompromiss unbedingt von Nöten. Meinem Empfinden nach versuchte Gloria mit gehobenen Stücken loszulegen, mit eher allgemein bekannten Stücken im Mittelteil das aufgebrachte Publikum hochzuhalten, um anschließend mit moderneren Stücken abzuschließen. An sich eine brauchbare Strategie wie ich glaube.
Zdeněk Gurský-Geschenk an Hans Makos : Makos-Polka |
Die Rechnung ging meiner Einschätzung nach fast aus. Fast deshalb, weil der Mittelteil, insbesondere mit der Südböhmischen Polka in eine sehr hitzige, ausgedehnte, durch Wiederholungen gekennzeichnete Phase ausartete. "Die Südböhmische" kennen alle, es ist ein Stück, das auch in den Ohren gut klingt. Für Zdeněk Gurský war es keine leichte Situation, die aufgebrachten Emotionen schnell zu bändigen ... und die für einen Auftritt knapp bemessene Zeit blieb nicht stehen. Jeder Auftritt hinterlässt Gefühle als das Gesamtresultat übrig. Jede Blasformation, die auf den Gesang nicht verzichtet, hat bei mir von vornherein einen gewissen Bonus (ok, manche Formationen können den "Gesang" auch nicht für sich in bare Münze umsetzen :-) Mit Ausnahme der "populistischen" Einlagen war ich mit dem Auftritt, inklusive der außerhalb der mährischen Blasmusik liegenden, modernen Stücke (etwa der Ausschnitt aus "Phantom der Oper") recht zufrieden. Zdeněk ist in meinen Augen eine sehr nette Geste gelungen. Zum 25. Jubiläum hatte er für Hans die "Makos-Polka" komponiert, die auch vor Ort aufgeführt wurde. Als Zugabe bekam er noch eine Flasche "echtes mährisches Feuerwasser" aus Zwetschken/Pflaumen, Gesundheit.
Wenn ich bedenke, wie viel Termine Gloria im Laufe des Jahres wahrnimmt, insbesondere bei den westlichen Nachbarn, bleibt es für mich immer noch ein Rätsel, wie sich das ziemlich hohe Spielniveau bei all den Strapazen aufrechterhalten lässt.
"Die Flotten Bergsteiger" - beeindruckende Technik und Musikalität: Tuba, Tenor, Posaune |
Das war der Sonntag ...
Die Magnificent wie viel? ... ja, mehr als "seven" aus Burgenland
Spätestens beim Auftritt von Tschecharanka wurde mir bewusst, wie es eigentlich beim Podiumswechsel der Blasformationen hektisch zugeht. Die Hektik wurde klarerweise durch die Soundtechnik verursacht. Jeder weiß, wie spielend auch die beste Partie durch nicht funktionierende oder schlechte Soundtechnik ruiniert werden kann. Derartige Fälle erlebe ich immer wieder, ohne auf Details eingehen zu wollen. Meinem Empfinden nach war es diesmal auch bei Tschecharanka nicht anders. Die Paar Minuten zum Umstecken von Mikros rechten nicht aus, um diese auch zu checken, ob sie funktionieren ... die Show musste weiter gehen. In Hans Makos Worten ... "meine sehr verehrten Damen und Herrn, begrüßen wir mit Riesenapplaus ... Tschecharanka" und es ging los. Dem Tontechniker blieb zu retten übrig, was zu retten war :-). Für mich war es trotzdem erstaunlich, was die Blasformation wieder zum Besten gab. Solche Musikalität bringen nur Leute zusammen, die ihr Herz dieser Musik schenken, viel Liebe und Begeisterung dazu, anders geht es ohnehin nicht. Der musikalische Leiter dieser Formation, Tschifko - ich nenne ihn Thomas, es gefällt mir besser :-) - ist ein Allrouder. Er kümmert sich um alles, mir fällt es auf. Er legt den Begleitposaunen vorsorglich ihre Noten auf dem Pult auf, testet Mikros sowieso, wie liebevoll. Es muss immer einen geben, der die Augen überall hat. Ihr Auftritt war für mich wieder ein Erlebnis.
Am Nachmittag kamen weitere zwei Formationen zum Zug, die Blaskapelle MaChlast sowie Blech & Brass Banda. Man kann ja nicht sagen, nach der Mittagspause, denn es gab erstens überhaupt keine geplanten Pausen und zweitens gegessen und getrunken wurde beinahe um die Wette fast rund um die Uhr.
MaChlast - eine Gruppe von technisch versierten Individualisten |
BBB - EinTrupp von Lebenskünstlern - allen voran der Ideenspender, Bassist "Grabschi" |
Als Aussteller waren die Firmen Lechner, Mirafone, Klarus-Verlag sowie Adler-Verlag anwesend. Martin Lechner aus Bischofshofen kam mit seinem Sohn Christian mit einer breiten Kollektion von Instrumenten, zum Teil mit Neuentwicklungen, die an Ort und Stelle ausprobiert werden konnten. Klaus Ruster, ein echter Fan und Förderer der böhmisch-mährischen Blasmusik, brachte ein breites Spektrum von seinem hervorragend editierten Notenmaterial sowie einige CD Titel aus seinem reichhaltigen Verlagsangebot. Damit solche Leute wie Klaus weiterhin Freude an seiner für uns alle wünschenswerten Arbeit Freude behält, ist es notwendig, ihm angemessene Anerkennung entgegenzubringen. Wie? Das wissen ja alle. Mit Sicherheit weiß ich eines, man kann sich bei dieser Tätigkeit einen Peer im Privathafen von Monacco kaum leisten :-) Stets aktuelle Infos kann man von Seiten seines Klarus-Verlag beziehen.
Für diejenigen, die es nicht wissen. Auch Mirafone, südlich von München angesiedelt, der Erzeuger hervorragender Instrumente, hat seine Wurzeln in Westböhmen - Kraslice sowie unweit Klingental 4 km jenseits der Grenze. Die meisten Instrumentenbauer in Deutschland haben alle ihre Wurzeln in diesem kleinen, unscheinbaren Städtchen, etwa 35km nordwestlich von Karlsbad entfernt. Die Kriegswirrnisse brachten es mit sich, dass viele dort Ansässigen, die sowohl Deutsch als auch Tschechisch sprachen, diese Ecke verließen und mit ihnen auch das Know-How des Blasinstrumentenbaus. Aber das ist wieder eine völlig andere Geschichte.
Gesamt betrachtet war der Böhmische Kirtag 2006 in jeder Hinsicht ein voller Erfolg. Diejenigen, die das Glück hatten, dabei sein zu können, werden es nicht so schnell vergessen, davon bin ich überzeugt. Ich darf mich abschließend für die zahlreichen, mir persönlich entgegen gebrachten Zusprüche für meine Tätigkeit in der blasmusikalischen Ecke bedanken. Ganz besonders liebenswürdig empfand ich die Geste der anwesenden Familie Stadelmann aus der Schweiz - Hans Stadelmann ist Eidg. Dipl. Käsereimeister - die mir ein Riesenstück eines echten Schweizer Bergkäse aus ihrer Produktion mitbrachten.