Marathon der böhmischen Blasmusik - BK 2011

Blaskapelle / dechová hudba Blecháranka Junge, engagierte Talente am Werk / mladí, angažovaní talenti při činu

Dieser Event, im Segment der böhmischen Blasmusik in Europa sicher einmalig, war bestens organisiert und konnte sich eines reibungslosen Verlaufes erfreuen. Gastronomische Versorgung funktionierte perfekt. Die Freiwillige Feuerwehr, die sich völlig bedeckt hielt, war aber im Bedarfsfall sofort mit vollem Einsatz zur Stelle, wie sie es zum Beispiel am späten Samstag beweisen konnten. Die Aspanger Gegend wurde nämlich von einem unerwartet heftigen Wolkenbruch, begleitet von Hagelfall heimgesucht. Das dabei gefallene Niederschlagswasser drohte den Festivalablauf  zu gefährden. Wie auch in der Vergangenheit haben sich am Gelingen des Blasmusikfestivals unter der "Federführung" von Hans Makos  die Gemeinde Aspang, die örtliche Freiwillige Feuerwehr, der örtliche Musikverein, lokale gastronomische Betriebe sowie ein kleines Heer freiwilliger Helfer beteiligt.

Zur Abrundung erwähne ich an dieser Stelle einige der vielen Eindrücke und Gedanken, die ich am Blasmusikfestival gewann. Zuerst einmal fiel mir bei diesem Event eine beachtliche Population junger und sehr junger Leute auf, sowohl unterm Publikum, wie auch in den Blaskapellenreihen. Das ist sicherlich eine überaus erfreuliche Entwicklung. Auch die offen zur Schau getragene Begeisterung dieser jungen Leute - auch hier, sowohl beim Publikum wie auch das enorme Engagement  in den Blaskapellenreihen - war nicht zu übersehen. Das allgemeine qualitative Niveau bei den Blaskapellen, insbesondere bei den österreichischen,  ist gegenüber den vorangegangenen Jahren spürbar weiter gestiegen, sowohl in technischer Hinsicht, wie auch meinem Empfinden nach noch deutlicher hinsichtlich des Interpretationsgefühls. In den Blaskapellen "schlummert" außerdem ein großes Eigenpotenzial, das gelegentlich zum Vorschein kommt, sei es in Form von zahlreichen Eigenkomposition, oder alternativen Interpretationen bzw. Versuchen, eigene Wege zu gehen und neue musikalische Räume zu erschließen.

Hier muss ich entgegen meiner ursprünglichen Absicht doch eine Ausnahme machen und zumindest eine Blaskapelle bei Namen erwähnen. Die Blaskapelle MaChlast hatte sich im Laufe der letzten zwei Jahre von einem Versuch, eine "böhmische Blaskapelle" sein zu wollen, zu einer erstaunlich  hochkarätigen breit angelegten Formation entwickelt. Wie sich jeder am Sonntag während ihres Auftrittes selbst überzeugen konnte, ist diese Partie in der Lage, ein sehr breites musikalisches Spektrum mit ihrem hervorragenden technischen und interpretatorischen Können spielend abzudecken. Die Blaskapellenbezeichnung trägt diesem Umstand nun kaum Rechnung. Hier kurze Erläuterung zum besseren Verständnis: "Chlast" bedeutet im Böhmischen "Saufen" bzw. "Má vlast" bedeutet "Meine Heimat" (von Bedřich Smetana). Insbesondere das Letztere ist für die Tschechen das besondere Heiligtum, ein Juwel aus der musikalischen Schatzkammer, dessen einige Teile sogar ausnahmsweise bei größten Feierlichkeiten oder in Zeiten größter Volksnot gespielt werden. Blaskapelle MaChlast als eine Partie von wirklich netten und extrem begabten Burschen sollte sich für ihre Formation eine adäquate, würdige Bezeichnung einfallen lassen. Alles ist im Fluss. Es ist nie zu spät:-)

Das Blasmusikfest wurde gelegentlich bedauerlicherweise von tontechnischen Pannen, Mikro-Ausfällen etc. begleitet. Die Tontechniker haben es aber bei derartig großen Veranstaltungen mit vielen Blaskapellen und fliegendem Podiumswechsel nie wirklich leicht. Da muss sich der Zuhörer gelegentlich in Nachsicht üben und hin und da auch ein "Ohr" zudrücken können. Apropos Podium. Die Veranstalter installierten diesmal ein Doppelpodium, sicherlich die Idee. Während eine Partie spielte, konnte sich die nächste Formation ohne Hektik auf ihren Auftritt vorbereiten. Die Fortsetzung im Programm war praktisch ohne unnötige Verzögerungen. Noch ein Phänomen. Es viel nicht nur mir auf. Es gibt zwei Stücke, die auffallend oft gespielt wurden. Merkwürdigerweise werden ausgerechnet diese zwei nicht näher benannten Stücke seit einigen Jahren  bei unterschiedlichsten musikalischen Events immer wieder gespielt, als "Zwillinge" so zu sagen:-) Welche sind das:-)? Wie´s scheint, bringen sie jedes Mal erhitzte Köpfe unverzüglich auf die Tische. Wer weiß, wann´s vorbei ist.

Noch ein Gedanke, dass sich in meinem Inneren einnistete. Die böhmische Blasmusik wird in ihrer Heimat offen gestanden stiefmütterlich behandelt. Der größte Teil der medialen Welt nimmt die Blasmusik nicht einmal zur Kenntnis. Nicht selten ist vom langsamen Sterben die Rede. Alle wissen aber, dass "die Blasmusik das Familiensilber der Nation ist". Sehr kuriose Situation. Im westlichen Teil Europas herrscht hingegen eine Begeisterung auch unter der Jugend. Ein denkbares Szenario könnte ich mir vorstellen. Erst, wenn es so weit kommt, dass die böhmische Blasmusik im westlichen Teil Europas noch größere Wellen schlägt, wird man sich in der Heimat an das sprichwörtliche "Familiensilber" erinnern und nach einem "AHA" es vom Keller holen, wieder liebevoll pflegen und schätzen.

Den Bescheid über die Zukunft der Böhmischen Kirtage in Aspang wissen im Augenblick vermutlich nur die musikalischen Götter, sonst niemand.

S.a. Album: Fotos und Videos von diesem Event