Was eine Polka ist, oder Walzer, wissen ja alle. Gelegentlich tauchen auf den CD´s Stücke auf, die mit Verbuňk bezeichnet sind. Was steckt dahinter?
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šohaj Jožka Létal aus Hrušky, Podluží |
Verbuňk, oder auch "Zifferntanz", nennt man einen spezifischen Tanz als auch die Musikart, die sich an diese Tanzart eng knüpft. Verbuňk ist, was Tschechien betrifft, nur in der Mährisch-Slowakei (Slovácko, nicht Slovensko) - oder wie ich es üblicherweise Südmähren bezeichne - beheimatet. Es gibt dort 6 Teilregionen, wo dieser Tanz mit feinen Unterschieden lebendig ist (Teilregionen Stážnice, Kyjov, Hustopeče/Ždánice, Velká nad Veličkou, Uherské Hradiště/Uherský Brod, Břeclavsko). Mit besonderer Vorliebe wird er aber insbesondere in Podluží gepflegt. Dieser Tanz ist von höchst individueller Art und bringt zum Ausdruck den persönlichen Charakter des tanzenden Šohaj. In Podluží sind Hody (Feste) ohne Verbuňk-Tanz vor allem junger Leute - manche ältere Männer schaffen es erstaunlicherweise auch - undenkbar. Es wird "pod zeleným" ("unterm Grünen") oder auch "pod májů" ("unterm Maibaum") gesungen und getanzt. Die Blaskapelle wird dabei besonders gefordert. Es weiß nämlich keiner, was der eine oder andere Šohaj - vor die Blaskapelle vortretend - an Liedern vorbringt. Die Blaskapelle muß aber das Lied "aufgreifen" und den Mutigen begleiten und zwar in seiner Tonart(!). Deswegen gingen in der Vergangenheit oft Kapellmeister in andere Orte "spionieren", um zeitgerecht zu erfahren, worauf sie sich gefasst machen müssen. ...
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Hody pod zeleným in Moravská Nová Ves, Podluží |
Verbuňk ist eine äußerst anstrengende Tanzart, die eine außergewöhnliche körperliche Kondition abverlangt, auch wenn es auf den ersten Blick gar nicht so auszusehen vermag. Jeder junge Bursche, der den Verbuňk zu tanzen wagt, demonstriert den Mut, die Vitalität und damit die Männlichkeit. Junge Mädchen, die in prächtigen Kleidern bei den Festen nicht fehlen, bedenken die anwesenden Burschen mit Seitenblicken, die nicht selten Hintergedanken bezüglich einer potenziellen Partnerauswahl enthalten:-)
Der Name Verbuňk ist vom Deutschen "Werbung, um Gunst zu werben", abgeleitet. Bis etwa zum Jahr 1780 wurden junge Leute für den militärischen Dienst unter anderem mit professionell tanzenden Soldaten gelockt. Dem beeindruckenden Vortanzen lag vermutlich die Absicht zugrunde, die potenziellen Soldaten für den Militärdienst dadurch leichter zu gewinnen, dass man ihnen zeigte, was sie während ihres Militärdienstes unter anderem erlernen können.
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šohaj Jakub Tomala aus Popovice, Uherskohradišťsko (s.a. Sieger seit 1946) |
Slovácký verbuňk besteht in der Regel aus drei Teilen. Der erste Teil ist das so genannte Vorsingen mit langsamen Bewegungen, wo sich der Šohaj mit seiner höchst individuellen Körpersprache präsentiert. An diesen Bewegungen lässt sich bereits viel von seinem Charakter erkennen. Im zweiten Teil führt der Šohaj in einem eher langsamen Tänzchen die Eleganz seines Körpers und seiner Bewegungen vor. Im dritten Ausführungsteil demonstriert er seinen Mut, seine Kraft und Vitalität. Der letzte Teil ist auch dementsprechend mörderisch. Den Tanz kann man nur in kleinen Schritten einüben und entwickeln, sonst besteht die Gefahr der Verletzung:-)
Am 25. November 2005 erklärte der Generaldirektor von UNESCO, Koïchiro Matsuura Slovácký verbuňk - im Englischen Dance of recruits - für ein Meisterwerk des mündlichen und immateriellen Erbes der Menschheit. Slovácký verbuňk wurde dadurch zum ersten immateriellen Denkmal von Tschechien und wurde unter die 90 von UNESCO geschützten Phänomene aus der ganzen Welt gereiht. Der Tanz wurde wegen seines hohen künstlerischen Niveaus geschätzt und als ein Ausdruck der kulturellen Identität der ganzen Region Mährisch-Slowakei bezeichnet.
Die Auswahl traf eine 16-köpfige Internationale Jury aus 43 vorgelegten Vorschlägen aus der ganzen Welt, näheres s.a.
UNESCO-Seiten http://www.unesco.org/