Deutschübersetzung meines Beitrages mit dem Originaltitel
Lesní roh - nový symbol "naší dechovky"
veröffentlicht in der Zeitschrift „Naše muzika“ / "Unsere Musik"
Es gibt nicht allzu viele Publikationen über unsere Blasmusik. Deshalb wird von Fans dieser literarischen Gattung zweifelsohne jede Bemühung in dieser Hinsicht begrüßt. Manchen wird die gewissenhaft verarbeitete Thematik aus dem mährischen Milieu in einer zweibändigen Ausgabe von Stanislav Pěnčík aus Hodonín „Když zazpívají křídlovky“ bekannt. Schönen Dank dafür.
Der literarische Herbstmarkt wurde nun um eine neue Publikation vom Autor Milan Koukal mit dem Titel „Dechovka“ („Blasmusik“) und einem vielversprechenden Untertitel „Vergangenheit und Gegenwart unserer Blasmusik“ bereichert. Der Untertitel dieses Buches verleitet zur Vorstellung eines umfassend erfassten Thema, dessen Bezeichnung dieses Buch stolz trägt. Deshalb habe ich das Buch gekauft. Der Autor nahm sich offensichtlich vor, dieses umfassende Gebiet in mehreren Dimensionen zugleich zu bewältigen: „unsere“ Blasmusik zu untersuchen, d.h. sowohl die „böhmische“ als auch die „mährische“ Blasmusik sowie orthogonal dazu das gegebene Spektrum von der Vergangenheit bis zur Gegenwart zu behandeln. Gewiss kein leichtes Unterfangen. Die Autorabsichten waren zwar vornehm, aber wie schon ein flüchtiger Einblick ins Inhaltsverzeichnis verrät – mit den Worten von Herrn Horníček (Anm. sehr bekannter Schauspieler und Kabarettist) – es gelang nicht zur Gänze. In folgenden Abschnitten konzentriere ich mich in aller Kürze auf einige ernst zu nehmende Schwachstellen dieses Werkes. Für tiefere Analyse bietet diese Zeitschrift nicht ausreichend Präsentationsraum.
Ausgehend vom Untertitel, der klar die ursprüngliche Absicht des Autors verkündet, ist die gestellte Thematik auf gegebenen 300 Seiten nicht in realen Proportionen und Relationen dargestellt. Mit einigen partikulären Themenabschnitten befasst sich der Autor sehr tief, andere, nicht minder wichtige wurden ausgelassen. Dadurch entsteht ein verzehrtes, nicht abgeschlossenes Bild über unsere Blasmusik zu Hause. In der Publikation gibt es keine Erwähnung von einer Reihe wichtiger Persönlichkeiten und Zusammenhängen. Das Buch befasst sich schwerpunktmäßig mit der Situation in Böhmen. Die Situation in Mähren ist oberflächig gestreift und manche Passagen irgendwie zufällig ausgewählt. Die böhmische Vergangenheit ist stellenweise seziert bis ins Detail auf Kosten einer angemessenen historischen Analyse der Verhältnisse in Mähren.
Und nun ein wenig auf Details eingehend. Der Autor befasst sich schwerpunktmäßig bis zur Seite 229 – mit Ausnahme von Jan Slabák und Vladimír Salčák – mit der Blasmusik in Böhmen, um dann auf der Seite 276 das Werk mit seinen „Einigen Worten zum Schluss“ gefolgt vom bibliographischen Teil das Buch zu beenden. Was befindet sich auf den Seiten 230 bis 275? Auf den Seiten 242 bis 265 kommen zum Wort vor allem böhmische Sänger aus den vergangenen Fernsehjahren. Manche davon wurden bereits erwähnt. Wo befindet sich hier die „mährische Vertretung“ in geeigneter Proportion? Die Mährer singen etwa nicht? Auf der Seite 264 kann man im nächsten Kapitel nachlesen „Wer spielt uns denn auf?“ Dieser Thematik sind ganze 8 Seiten gewidmet – ich hielt es immer für wahr, dass bei der Blasmusik primär ums Spielen geht. Von den 8 Seiten sind nun 2 Seiten der Blaskapelle Veselka von Kubeš, 1 Seite der Blaskapelle Babouci gewidmet. Die mährische Blaskapelle Mistříňanka musste mit lediglich einer halben Seite Vorlieb nehmen. Diese Verteilung spiegelt in keiner Weise die Wirklichkeit wider. Eingeweihte wissen genau, welche realen Verhältnisse in der Blasmusikszene herrschen. In den letzten Jahrzehnten und ganz besonders in der Gegenwart ist auf dem „mährischen Feld“ der Interessierte mit außergewöhnlich aktiven, fruchtbaren Aktivitäten konfrontiert. Sei es, dass es sich um Aktivitäten in den Bereichen öffentliche Veranstaltungen, Festivals, Kompositionstätigkeit, Texten, Gesang, Erziehung vom Nachwuchs handelt oder wenn es um die Traditionspflege geht, die von vielen jungen Musikern bzw. einer überdurchschnittlichen Anzahl hervorragender Blasformationen aktiv betrieben werden..
Tauchen wir nun noch ein wenig tiefer in den Buchinhalt und lassen uns überraschen. Diese Publikation erwähnt in keiner Weise den „König der mährischen Polka“ Antonín Žváček. Alle von uns wissen, dass es kein einziges Festival oder auch nur eine Tanzveranstaltung gibt, die auf Stücke dieses Komponisten verzichten kann, nicht nur bei uns, sondern auch im benachbarten Österreich. Gleichermaßen gibt es im Buch keine Erwähnung, dass wir Vlado Kumpán und seine Musikanten haben, die in der Gegenwart sogar zu einer „Blasmusikikone“ in ganz Europa gehören. Auf der Seite 267 kann man im Zusammenhang mit Antonín Koníček den Inhalt von Internetseiten aus dem Jahr 2001 nachlesen, mit deren Inhalt sich Antonín nicht nur nicht identifiziert, sondern sich von diesen aus irgendwelchen technischen Gründen auch nicht distanzieren kann. Über die Bucherscheinung erfuhr er von einem Telefonat mit mir. Sehr verzehrt wirken in der Gesamtheit auch Beschreibungen von Persönlichkeiten. Bei Josef Řepa beispielsweise, bekannt durch seine „Boršická polka“ kann man weniger relevante Details nachlesen, dafür aber findet man bei Metoděj Prajka außer einer seiner bekanntesten Fotos mit „Bassflügelhorn“ ausgesprochen nichts. Kann Prajka derart behandelt, übersehen werden? Wo gibt es eine angemessene Erwähnung über die legendäre Blasformation Juráčci? Slávek Smišovský „verdient“ es nicht, gehörig honoriert zu werden? Wo verschwanden Miloš Procházka, Josef Konečný? An dieser Stelle wäre es gewiß notwendig, eine Reihe weiterer, bekannter Persönlichkeiten zu erwähnen, inklusive der Sängerinnen und Sänger. Aus Platzgründen geht es jedoch nicht. Solche Feststellungen stellen die ganze Publikation in ein schiefes Licht.
Zum Schluss möchte ich noch rasch das sprichwörtliche Kirscherl auf meine Kurzrezension setzen. Beurteilt ja selbst. Ihr bekommt eine Publikation mit dem Titel „Österreichische Schimeisterschaften“ in die Hände, auf deren Titelseite eine ganz große Rodel abgebildet ist, nicht Schi. In ähnlicher Weise bietet „Dechovka“ auf der Titelseite ein Waldhorn als Symbol, nicht das Flügelhorn, das übliche Symbol der Blasmusik. Im Buch befinden sich darüber hinaus viel zu viel zweiseitige Vergrößerungen dieses Instrumentes. Von Platzmangel im Buch kann meinem Empfinden nach kaum die Rede sein.Allen Bestrebungen des Autors zum Trotz reflektiert dieses Buch kaum die realen Verhältnisse in „unserer Blasmusik“ und ist daher für Nichtkenner der Szene nicht zu empfehlen.
© 2007 German translation by Antonin Sprinzl
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