Legende Ernst Mosch - Kapellmeister, Musiker, Komponist und Herausgeber
Originaltext von Aleš J. Sigmund in "Naše Dechovka" Jahrgang 2, Nr. 2/2007
Deutsche Übersetzung Antonín Sprinzl
Ernst Mosch wurde am 7. November 1925 in Zwodau bei Falkenau (Svatava u Sokolova, etwa 15km südöstlich von Krasliz/Kraslice, der Wiege des böhmischen Blasinstrumentenbaues) geboren, im damaligen Sudetenland.
Seine Eltern hatten im Ort eine Molkerei. Sie ermöglichten dem jungen Mosch eine musikalische Grundausbildung. Ab seinem siebenten Lebensjahr spielte er bereits in der Schulkapelle im benachbarten Falkenau. Er beherrsche zuerst Violine und Flügelhorn, später auch Posaune, die ihm dann zum begleitenden Blasinstrument seines Lebens wurde. Als Achtzehnjähriger wurde er in die deutsche Armee einberufen, zuerst zur Militärmusik, später auch als Soldat an die Front, wo er verletzt wurde und kehrte zur Erholung in seinen Wohnort zurück. Dort erlebte er auch das Kriegsende. Im Jahre 1945 wechselt er in die amerikanische Besatzungszone in Bayern. Er verdiente sein tägliches Brot als Posaunist, spielte in den Clubs der amerikanischen Armee, aber auch in Hamburg im Reeperbahn. Er bewunderte den amerikanischen Swing. In Stuttgart machte er Bekanntschaft mit dem Kapellmeister des dort beheimateten Rundfunksorchesters, der ihn als
Posaunisten engagierte. Trotz seiner professionellen Beschäftigung mit Swing und Jazz, vergaß er nicht die Musik seiner alten Heimat und im Jahre 1956 stellte er zusammen mit seinen Landsleuten eine 13-köpfige Blaskapelle. Diese Blasformation spielte 5 Titel der böhmischen Blasmusik für eine Rundfunksendung ein, die am 21. April 1956 ausgestrahlt wurde. Unter diesen fünf Titeln befanden sich auch Stücke, die später zu Bestsellern wurden - "Rauschende Birken" (Walzer "Břízky" von Josef Kaucký) sowie "Fuchsgraben" ("U jezu" von Karel Vacek"). Die Aufnahmen schlugen sofort ein und kurz darauf entstand das Orchester "Ernst Mosch und seine Original Egerländer Musikanten" (Eger ist im Tschechischen einmal die Stadt Cheb, aber auch der Fluss Ohře, der sich seinen Weg entlang beider Orte, Eger/Ohře und Zwodau/Svatava bis nach Falkenau/Sokolov bahnt. Dieses Gebiet wird auch "Egerland" bezeichnet. Anm. des Übersetzers: Persönlich kenne ich diese Gegend sehr gut, da ich etliche Jahre meiner Jugend zwischen Svatava und Kraslice verbrachte). In der Zeit des "Eisernen Vorhanges" hörte Ernst Mosch Sendungen des Prager Rundfunks, machte Aufzeichnungen, aber mit größten Schwierigkeiten gelang ihm Kompositionen in gedruckter Form zu bekommen, für die er sich begeistern konnte. In der Anfangszeit musste er sich auch manch Unliebsames von seinen Landsleuten anhören, die ihm übelnahmen, dass er die "Musik eines Landes mache, aus dem die Deutschen verjagt wurden". Er ließ sich nicht von seinem Streben abraten, blieb bei seiner Begeisterung und im Laufe der Zeit überzeugte er auch mit den musikalischen Qualitäten seines Orchesters bezüglich der Rechtfertigung seiner musikalischen Ausrichtung.
Er verabschiedete sich von seiner Tätigkeit im Rundfunksorchester und begann sich ausschließlich seinem eigenen Blasorchester zu widmen, über dessen qualitative Vorstellungen bezüglich Styl, Repertoire und Sound klare Vision hatte, die er Schritt für Schritt in die Realität umsetzte. Er erweiterte das Orchester, das in weiterer Folge in einer ungewöhnlichen Zusammenstellung spielte - 2 Trompeten, 6 Flügelhörner, 5 Baritone und Tenöre, 6 Klarinetten, 3 Posaunen, 2 Tuben und Schlagwerk. Dadurch gelang es ihm, die "Schärfe" eines Blasorchesters zu mindern und einen feinen "samtigen" Sound zu erreichen. Sehr typisch für dieses Orchester wurde auch eine gewisse "Unterdrückung" der Schärfe der Klarinetten, Vermeidung von extremen Instrumenten-Tonlagen sowie eine kompakte samtige Begleitung der drei Posaunen. Am Anfang wurden nur Orchestralkompositionen gespielt, später kamen Gesangserweiterungen. Zuerst sang er alleine oder bildete mit dem Flügelhornisten Franz Bummerl und den Sängerinnen Barbara Rosen und Helga Reichel ein Gesangsquartett. Der Gesangsausdruck war ähnlich markant gedämpft, aber sehr fein bis hin zu "zärtlich".
Die Beliebtheit dieses Orchesters wuchs, der Bekanntheitsgrad verbreitete sich allmählich in viele Länder der Welt und Hand in Hand damit die Beliebtheit und Ruhm unzähliger Kompositionen tschechischer Autoren. Diese Kompositionen bildeten den wesentlichen Rückgrad seiner musikalischen Stylrichtung und gehörten zu seinem Podium- und Aufnahme-Repertoire. Ernst Mosch machte ohne Zweifel so viele tschechische Kompositionen berühmt wie kein zweiter Orchester außerhalb der Heimat. In seinem Aufnahme-, später dann auch seinem Verlags-Programm erschienen Kompositionen vieler tschechischer Komponisten dieser musikalischen Gattung - A. Aust, V. Bláha, K. Bělohoubek, A. Borovička, J. Ginzl, K. Hašler, J. Hotový, J. Fučík, J. Jankovec, F. Kmoch, L. Kubeš, J. Labský, B. Leopold, J. Marek-Šesták, B. Ondráček, J. Poncar, J. Praveček, J. Urbanec, M. Tkačuk, J. Tvrdý, K. Vacek, V. Vačkář, J. Vejvoda, J. Votava, T. Sak, J. Slabák, J. Štelibský, J. Škabrada, J. Štěpánek, E. Štplc und andere.
Ernst Mosch war zwar weder Arrangeur, noch ein vorbildlicher Dirigent - dazu fehlte ihm die entsprechende Ausbildung - vorm Orchester zeigte er eher eigenständige, suggestive Gesten, wobei er aber immer Klarheit darüber hatte, wie seine Musikanten fühlen, präzise phrasieren und artikulieren, kurz um spielen müssen. Es gelang ihm immer, seine Begeisterung sowie seine Absichten mit Hilfe seines ausgeprägten Charisma auf das ganze Orchester zu übertragen und damit seine musikalische Vorstellung kompromisslos zu realisieren. Für sein Orchester arbeitete auch eine Vielzahl tschechischer Arrangeure, u.a. V. Hybš.
Imposante Erscheinung von Moravanka mit J. Slabák an der Spitze nahm er noch wahr und teilweise auch respektierte - mit dieser Blaskapelle realisierte er sogar eine Produktion in Deutschland - aber seinem Sound-, Kompositions- sowie Interpretations-Ideal war diese neue mährische Ausrichtung und Styl schon ziemlich entfernt.
Die Bilanz der 40-jährigen Wirkung seines Orchesters war schlicht und einfach gigantisch. Das Orchester absolvierte über 1000 Konzerte in vielen Ländern der Welt, es wurden über 40 Millionen Alben verkauft, das Orchester gewann insgesamt 29 Gold-, Platin-, Diamanten-Schallplatten.
Im Jahre 1966 trat Ernst Mosch mit seinem Orchester in Carnegie Hall in New York als das bisher einzige Blasorchester auf dieser Weltbühne auf. Das Orchester erlebte dabei standing ovations. Mit Fug und Recht wurde dieses Blasorchester als das erfolgreichste Blasorchester der Welt bezeichnet. Als Vorbild wurde es viel zu oft nachgeahmt aber nie erreicht.
Parallel zu seiner Konzerttätigkeit entwickelte Ernst Mosch auch seine Verlagstätigkeit, bekannt als Erst Mosch Musikverlag. Zuerst ganz kurz in Hamburg,, ab den 70-er Jahren dann definitiv in Germaringen-Algäu, wo er sesshaft wurde. Er gab heraus und verbreitete hunderte von gedruckten Kompositionen von vielen Autoren und die Tschechischen waren bei ihm immer reichlich vertreten. Bis in sein höheres Alter veranstaltete beinahe jährlich Riesentournee durch viele Länder, füllte die größten Veranstaltungssääle und hatte Millionen ständiger Fans durch die Generationen. Die Konzerte eröffnete er traditionsgemäß mit tschechischen Kompositionen "Škoda lásky" a "Jetelíček u vody". Mit seinem Blasorchester spielte er auch eine nicht vernachlässigbare Rolle in der Annäherung von Tschechen und Deutschen in der Nachkriegszeit.
Ernst Mosch starb am 15. Mai 1999 in Germaningen. Konzerte in seiner alten Heimat erlebte er nicht, von den tschechischen Massenmedien wurde er eher ignoriert und es ist über ihn kläglich wenig bekannt. Für die tschechische Blasmusik machte er aber viel. Er popularisierte in vielen Ländern tschechische Kompositionen, die in der Vorkriegszeit - vielleicht mit Ausnahme von "Cikánka" von K. Vacek und Škoda lásky von J. Vejvoda - in Westeuropa so gut wie unbekannt waren. Andererseits hatte er aber den tschechischen Blaskapellen "die vielen Teiche Westeuropas ausgefischt" - in Zeiten des Eisernen Vorhanges durften die tschechischen Blaskapellen nirgends ausreisen und Ernst Mosch bot sich ein riesiges, freies Wirkungsfeld.